E-Commerce User Experience
Nachhaltiger Erfolg mit UX für Onlineshops
Vorwort
Für Onlineshops und deren Betreiber ist jeder Verkauf ein Gradmesser für den Erfolg. Dabei sind sowohl das Produkt, die Geschwindigkeit des Seitenaufbaus und auch die einfache Bedienung wichtige Kriterien. In diesem Whitepaper legen wir den Fokus auf Letzteres und führen dich ein in die Welt der User Experience im E-Commerce.
Wieso gerade wir uns in diesem Bereich gut auskennen? Wir bei u+i interact blicken auf viele Jahre der Konzeption, Umsetzung und Pflege von Onlineshops zurück. Unser Credo, die Kund+innen in den Mittelpunkt zu setzen, haben wir daher stets auch in diesem Bereich verfolgen dürfen. Dass wir mit stimmigen Einkaufserlebnissen loyale Nutzer+innen eurer Shops generieren, kommt also nicht von ungefähr.
Jetzt gehen wir einen Schritt weiter: Mit diesem Whitepaper liefern wir die Grundlage für den gemeinsamen Austausch für euch und eure Projekte. Mit jedem hier vorgestellten Baustein und dem Know-how unserer Expert+innen untersuchen wir die Zielvorgaben in eurem E-Commerce-Ansatz und erweitern ihn strategisch um die perfekte Nutzerführung.
Für Produkte zum Verlieben – einfach bestellt, bezahlt, versandt.
Wir wünschen euch viel Freude bei der Lektüre
Euer Team von u+i interact
User Experience im E-Commerce macht Bock auf mehr
In den meisten Fällen, wie auch im normalen Vertrieb, ist das Ziel im Onlineshop klar: Verkaufen, verkaufen, verkaufen. Und auch Umsatz generieren.
Am Ende steht der Ertrag, den ein Vertriebskanal für den/die Anbieter+in einbringt. Da wird von Verantwortlichen mit Kennzahlen wie Conversion Rate, Warenkorbwert und Retourenquote argumentiert. Auch wir nutzen vergleichbare Kennzahlen, um bei u+i interact herauszufinden, wo und wie wir einen Shop noch weiter verbessern können.
Doch unsere sind bezogen auf Nutzer+innen und ihr Einkaufserlebnis. Sie müssen zufrieden mit deinem Shop sein. Damit sie gerne, viel und regelmäßig einkaufen – oder den Shop weiterempfehlen. Dazu müssen wir ihre individuellen Ziele und Bedürfnisse erfüllen. Dazu untersuchen wir, was konform mit deiner Brand, deinen Produkten und Services, ein besonders angenehmes und bedeutsames Shoppinggefühl bietet.
Themenüberblick
Ob du hier das Richtige liest, ist schnell beantwortet. Wir haben dir einmal die Key Learning aus dem Paper zusammengefasst, damit du entscheiden kannst:
Wie machst du mit User Experience Design deinen Vertriebskanal fit?
Wie sieht die Shopping Journey deiner Nutzer+innen aus? Wie optimierst du sie?
Was ist ein positives Einkaufserlebnis aus UX-Sicht und wie bietest du das deinen Kund+innen?
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Über den Autor
Bastian Buxtrup hat das UX schon im Namen. Er betreut seit 2018 als UX Designer bei u+i interact zahlreiche KMU und Startup-Kunden, mit denen wir Onlineshops und Einkaufserlebnisse gründen, untersuchen und verbessern. Seine Hitlist liest sich wie das Who-is-Who der E-Commerce Branche. Dazu zählen Miele („Mieten statt kaufen“), Bette (Website + Konfigurator) und New Flag („New Flag Pro“). Doch nicht nur bei uns hat er das E-Commerce aufgemischt. Bereits bei Digitas Pixelpark ermöglichte er Kund+innen wie Telekom, Maggi und Dräger eine neue Sicht auf User Experience.
Neben der Entwicklung diverser digitaler Produkte wie Websites, Portalen, Shops und Apps, kümmert sich Bastian sehr erfolgreich um E-Commerce-UX. Genau richtig also, dass er euch als Autor in diesem Whitepaper über die passgenaue Entwicklung von digitalen Vertriebsplattform Einblicke liefert. Außerdem ist er ein Teamplayer und weiß, dass deine Vorbereitung für das Thema eine wichtige Voraussetzung für alle kommenden Meilensteine ist.
Ein Wort von Bastian
Hey – Danke fürs Lesen! Mit diesem Whitepaper gebe ich dir von mir identifizierte Benefits und Mehrwerte an die Hand. Damit das gelingt, schreibe ich dir statt plakativer Regeln lieber Inhalte, die dir ein möglichst umfassendes Verständnis von UX Design im E-Commerce liefern. Du findest in diesem Whitepaper von mir geprüfte, fachliche Informationen, persönliche Erfahrungswerte und auch konkrete Tipps für deine Praxis.
Inspiriert hat mich hierzu übrigens eine Studie von Google, in der ich Ende 2020 das erste Mal von der „Messy Middle“ gelesen habe. Auf Basis dieser Studie, in der es insbesondere um das Einkaufsverhalten von Onlinekäufer+innen ging, ist das Whitepaper entstanden.
In den folgenden Kapiteln zeige ich dir, wie du Nutzer+innen beim Besuch deines Vertriebskanals
#1 begleitest
#2 überzeugst
#3 glücklich machst.
Info-Kasten: Was ist UX-Design?
Der Begriff hat es in sich! Im Bereich des Webdesigns und der Softwareentwicklung zielt UX Design darauf ab, positive und ganzheitliche Nutzer+innen-Erlebnisse zu schaffen.
Unabhängig von B2B oder B2C liegt der Fokus auf den Endanwendung. Im ersten Schritt finden UX-Designer+innen heraus, was bei der Bedienung einer Anwendung oder eines digitalen Produkts wichtig ist. Danach konzipieren und gestalten sie Schritt für Schritt die Bestandteile dieser Lösung: Struktur und Navigation, Prozesse und Informationsaufbereitung, bis zu Seitenaufbau und konkrete Funktionen. Das kann auch Mikro-Animationen und Visual Design beinhalten! Denn UX-Design ist ein Zusammenwirken vieler Disziplinen, auf die zurückgegriffen wird.
Das Spektrum von gutem UX-Design kann sogar noch weiter gefasst werden: Alle Interaktionen und Kontaktpunkte, die Nutzer+innen mit einem Unternehmen, dessen Produkten und Services über Jahre hinweg erfahren, haben einen Einfluss auf das Gesamtbild das Nutzungserlebnis.
#1 Begleiten
Wie du Nutzer+innen bei der Kaufentscheidung bestmöglich begleitest
Wie sehen die Wege der Nutzer+innen – vom ersten Kaufanreiz bis zum Abschluss des Kaufes – eigentlich genau aus? Die Art und Weise, wie Menschen Kaufentscheidungen in Zeiten unzähliger Auswahl- und Informationsmöglichkeiten treffen, ist komplex. Kaufprozesse verlaufen keinesfalls linear.[1]
[1] Vgl. Rennie, Alistair / Protheroe, Jonny / Dr. Sander, Verena: Goodbye Funnel: Warum der Weg zur Kaufentscheidung immer komplexer wird, Stand: 11.2020, https://www.thinkwithgoogle.com/intl/de-de/insights/customer-journey/kaufverhalten-und-entscheidungsfindung-verstehen/ (Abgerufen am: 10.06.2022).
It’s an „add to cart”-kinda day!
Nutzer+innen nutzen zum Beispiel Suchmaschinenergebnisse wie die von Google, steuern direkt Onlineshops aus bekannten Brands an, sichten Bewertungsseiten und Vergleichsportale, sind auf Facebook, Instagram und Co. unterwegs oder tauschen sich in Foren aus.
Während des Surfens wechseln sie zwischen mehreren Browser-Tabs und Endgeräten hin und her. Dabei ist die Verweildauer auf diesen Seiten sehr unterschiedlich und hängt vom Kaufinteresse, finanziellen Abwägungen und Tageslaunen ab. Mal geht es einen Schritt weiter in Richtung Entscheidung, mal drei Schritte zurück.[2] Im Jahr 2020 hat Google hierfür ein Modell vorgestellt, das dieses augenscheinliche Chaos bestens abbildet: die sogenannte Messy Middle.
[2] Vgl. Rennie, Alistair / Protheroe, Jonny / Charron, Claire / Breatnach, Gerald: Decoding Decisions – Making sense of the messy middle, 2020, https://www.thinkwithgoogle.com/_qs/documents/9998/Decoding_Decisions_The_Messy_Middle_of_Purchase_Behavior.pdf, S. 16.
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Das Modell der Messy Middle[3]
Triggers and Purchase (Anreize und Kauf)
Trigger sind verantwortlich dafür, dass Nutzer+innen einen Kaufwunsch entwickeln. Es sind Faktoren, die Nutzer+innen veranlassen, von einem passiven in einen aktiven Zustand zu wechseln.[4]
Exploration and Evaluation (Exploration und Evaluation)
Alle Aktivitäten zwischen Anreiz und Kauf lassen sich in zwei grundlegende mentale Modi einteilen: Befinden Nutzer+innen sich im explorativen Modus, erkunden sie Optionen und erweitern ihr Entscheidungsportfolio mit Informationen, Marken und Produkten. Befinden sie sich im bewertenden (evaluierenden) Modus, versuchen sie, ihre Optionen abzuwägen und einzugrenzen.[5]
Exposure (Blickfeld oder Wahrnehmungsspektrum)
Exposure umfasst die Gesamtheit aller Gedanken, Gefühle, Vorstellungen und Informationen zu Marken, Produkten und deren Anbieter+innen. Alles, was in irgendeiner Weise, bewusst oder unbewusst, bei der Kaufentscheidung eine Rolle spielt.[6]
Experience (Erfahrung nach dem Kauf)
Auch die Erfahrung selbst, nach dem Kauf mit dem Produkt oder der Leistung, fließt entscheidend in die Exposure mit ein. Marken, die hier nicht überzeugen, riskieren im schlimmsten Fall negative Bewertungen und Kommentare – online wie offline. Marken, die hier überzeugen, erarbeiten sich einen Vertrauensvorschuss gegenüber anderen, werden bestenfalls sogar weiterempfohlen.[7]
[3] Vgl. Rennie et al., 2020, S. 18.
[4] Vgl. Rennie et al., 2020, S. 24.
[5] Vgl. ebd., S. 21.
[6] Vgl. ebd., S. 19-20.
[7] Vgl. ebd., S. 23.
How to fight the Messy Middle
Wie solltest du Nutzer+innen in der Messy Middle also begegnen? Vorab: Jede Mühe ist vergebens, wenn deine Marke bei der Kaufentscheidung keine Rolle spielt. Das vorangehende Ziel wird es sein, mentale Verfügbarkeit zu erzeugen. Bringe deine Marke in die Köpfe der potenziellen Nutzer+innen und “verankere“ sie hier in der positiven Wahrnehmung und Erinnerung.[8] Hier ist Marketing gefragt.[9]
Genauso wichtig wie der Markenaufbau? Die Unterstützung deiner Nutzer+innen innerhalb der Messy Middle. Versuche, ihnen zur Seite zu stehen. Das geht natürlich auf vielfältige Art und Weise, aber zunächst ist es empfehlenswert, die Pflichtmerkmale eines guten Onlineshops abzubilden. In der Regel sind das vor allem Aspekte, die Nutzer+innen erst dann wahrnehmen, wenn sie fehlen oder der Erledigung einer Aufgabe explizit im Wege stehen. Langsame Ladezeiten zum Beispiel. Diese fallen negativ auf und führen zu Unzufriedenheit. Weitere Beispiele wären unvollständige Produktdetails, eine komplexe Navigation, störende Pop-ups oder limitierte Bezahlmöglichkeiten.[10]
Darüber hinaus gibt es Merkmale, die explizit auf das Erkunden und/oder Bewerten deines Angebotes innerhalb der Messy Middle einzahlen. Du kannst den Nutzer+innen helfen, indem du das Erkunden und Bewerten deines Angebotes so einfach wie möglich gestaltest.[11]
Hier ein paar Beispiele für Ideen, die deine Nutzer+innen im Explorations-Modus unterstützen:
Liefere Überblick über Sortiment und Themen.
Präsentiere relevante Einstiege für Kategorien und Produkte.
Erstelle Seiten mit Inspirationen sowie hilfreichen Ratgeberinhalten.
Wähle ein motivierendes Design, das Marke und Zielgruppe passt.
Biete stets relevante Informationen und Funktionen, um in den Bewertungsmodus zu wechseln.[12]
[8] Vgl. ebd., S. 87.
[9] Anmerkung: Unsere Business Unit „Branding und Kommunikation“ knüpft nahtlos auch an dieses Thema an.
[10] Vgl. ebd., S. 91-92.
[11]Vgl. ebd., S. 87, 90.
[12] Vgl. Rennie et al., 2020, S.87.
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Wie sieht das mit der anderen Hälfte, der Evaluation aus? Hier findest du Ansätze, die deine Nutzer+innen im Evaluations-Modus unterstützen sollen:
Hebe deutlich die Produktvorteile und -eigenschaften hervor.
Gib Struktur in der Entscheidungsfindung durch Merklisten und Vergleichsfunktionen.
Lass ausreichend Raum für die präsente Kommunikation von USPs und besonderen Services deines Shops.
Wähle sinnvolles Re-targeting und setze Reminder, wenn Nutzer+innen Gefahr laufen, in den Erkundungsmodus zurückzukehren.[13]
[13] Vgl. ebd., S. 90.
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Zusammenfassend dreht sich also alles darum, den kognitiven Aufwand, den Nutzer+innen bei der Exploration und Evaluation des Angebotes aufbringen müssen, zu verringern.[14] Je leichter du es deinen Nutzer+innen in der Messy Middle machst, desto wahrscheinlicher ist es, dass sie dein Angebot annehmen.[15]
Aber was könnte den Prozess in der Kaufentscheidung darüber hinaus beeinflussen? Dazu komme ich im nächsten Kapitel.
[14] Vgl. Rennie et al., 2020, S. 91.
[15] Vgl. ebd., S. 92.
#2 Überzeugen
Verhaltenswissenschaft korrekt einsetzen und nachhaltig überzeugen
Um zu verstehen, wie du deine Nutzer+innen erfolgreich überzeugen kannst, lohnt sich ein Blick auf die Art und Weise, wie das menschliche Gehirn Kaufentscheidungen trifft. Mit diesem Wissen lassen sich Anknüpfungspunkte finden, die du mit deiner Überzeugungsarbeit adressieren kannst.
This is a Headline about decision making
Zunächst eine kleine Denksportaufgabe:
Natürlich muss es hier einen kleinen Haken geben, wenn man die Antwort sofort parat hat. Die meisten Befragten kommen zum Schluss, der Ball müsse 10 Cent kosten. Einfache Mathematik und irgendwie doch logisch, oder? Diese Frage wurde ebenfalls vielen Elite-Studierenden in den USA gestellt und über 50% antworteten falsch.[17] Hiernach würde nur der Schläger bereits 1,10 Euro kosten, das Set folglich 1,20 Euro. Richtig liegst du, wenn der Ball nach deiner Berechnung 5 Cent kostet.[18]
Wie kommt unsere Art zu Denken auf so einen Schnellschuss? Daniel Kahnemann, bedeutender Psychologe und Nobelpreisträger, erklärt dieses Phänomen der „augenscheinlichen Lösung“ wie folgt: „Viele Menschen vertrauen ihren Intuitionen allzu sehr. Offensichtlich erleben sie kognitive Anstrengung zumindest als leicht unangenehm und meiden sie möglichst.“[19]
Unser Gehirn arbeitet laut seinen und anderer Wissenschaftler+innen Erkenntnissen mit 2 Entscheidungssystemen. System 1 arbeitet intuitiv, impulsiv und schnell. System 2 dagegen denkt rational. Wir müssen es bewusst ansteuern, der Denkprozess ist langsam und anstrengend.[20] Auch, wenn im Vergleich das System 1 fahrlässig erscheinen mag – im Alltag übernimmt es den Großteil unserer Entscheidungen. Andernfalls wären wir vermutlich ständig durch unser eigenes Denken blockiert.
Wie aber kann System 1 so effizient Entscheidungen treffen? Und was hat das mit Kaufentscheidungen zu tun? Hier ein Erklärungsversuch: Unsere intuitiven Entscheidungen basieren auf einfachen Regeln, auch Heuristiken genannt. Sie sind recht universell und von Natur aus in unserem Gehirn verankert. Heuristiken helfen uns, effiziente und schnelle Entscheidungen zu treffen. Dass dabei – wie in der vorangegangenen Aufgabe – auch Fehler auftreten können, ist rein menschlich. In der Wissenschaft werden diese Fehler "kognitive Verzerrungen" oder "Bias" genannt.[21] System 2 ist eigentlich dazu da, die Entscheidungen von System 1 zu überprüfen. Tatsächlich ist es aber so, dass System 2 sich selbst oft "mitreißen lässt", wenn eine Entscheidung plausibel erscheint.[22]
Diese verhaltenswissenschaftlichen Erkenntnisse lassen sich unmittelbar auf das Onlineshopping übertragen: Wer den Schaltplan (der zugrundliegenden Prozesse in unserem Gehirn) in den Händen hält, kann leicht feststellen, welche Hebel in Bewegung gesetzt werden müssen, um ein bestimmtes Verhalten – etwa einen Kaufreiz bei Nutzer+innen – auszulösen.[23]
[17] Frederick, Shane: Cognitive Reflection and Decision Making, Journal of Economic Perspectives 19, 2005, S. 25-42.
[18] Vgl. Kahnemann, 2012, Kap. 3, Das faule System. (Anm. Ziehe den Euro der Pluskosten des Schlägers vom Bundle ab und lagere die verbleibenden Kosten auf beide Artikel um. Daraus ergibt sich der korrekte Preis des Balls.)
[19] ebd.
[20] Vgl. Spreer, 2021, S. 12-14.
[21] Vgl. ebd., S. 24.
[22] Vgl. ebd., S. 16.
[23] Vgl. ebd., S. 28.
Fuck it – it’s free shipping!
Im Fachjargon sprechen wir von sogenannten "Behavioral Patterns". Durch die Verwendung von Behavioral Patterns können gezielt intuitive Entscheidungsfaktoren (Heuristiken) adressiert werden, um so Entscheidungsprozesse unbewusst zu lenken. Verantwortliche aus dem E-Commerce können diese Behavioral Patterns nutzen, um Nutzer+innen den entscheidenden "Schubser" bei der Kaufentscheidung zu geben oder um allgemein stärker zu überzeugen.
Ich habe dir hierfür ein paar Beispiele zusammengestellt:
Gaze Cueing Effect
Beschreibung: Menschen folgen den Blicken anderer. Das lässt sich im Alltag nachempfinden, zum Beispiel bei Menschenansammlungen bei Unfällen oder Künstler+innen in der Fußgängerzone.
Potential: Online ist das nicht anders! Die Aufmerksamkeit der Nutzer+innen kann durch Blicke oder Hände mit auf Bildern dargestellten Personen gelenkt werden. So können zum Beispiel wichtige Produktvorteile oder Call-to-Actions hervorgehoben werden.[24]
Social Proof
Beschreibung: Menschen neigen dazu, sich bei Unklarheit oder Unsicherheit am Verhalten anderer zu orientieren.
Potential: Die Darstellung von authentischen Meinungen oder Erfahrungen von Expert+innen, Influencer+innen oder Testimonials wirkt allgemein sehr überzeugend. Auch kann kollektive Wertschätzung zum Beispiel durch eine gute Gesamtbewertung oder Hinweise, wie "Bestseller“ oder "Beliebt" vermittelt werden. Von Google wird dieser Social Proof übrigens in der bereits genannten Studie zur Messy Middle als das effektivste aller Behavioral Patterns eingestuft.[25]
Post-Purchase Rationalization
Beschreibung: Emotionale Käufer+innen leiden häufig unter einer Nachkaufdissonanz, auch Kaufreue genannt.
Potential: Diesem Gefühl der Reue kann mit einer rationalen Begründung des Kaufs auf der Bestellbestätigungsseite vorgebeugt werden. So können beispielsweise noch einmal grundlegende Benefits des Shops vorgeführt werden oder es kann auf ein bestimmtes herausragendes Feature des gekauften Produkts hingewiesen werden. Mit der Post-Purchase-Rationalization kann die Zufriedenheit von Kund+innen gesteigert werden, um beispielsweise Retouren zu minimieren.[26]
[24] Vgl. Spreer, 2021, S. 49.
[25] Vgl. ebd., S. 114.
[26] Vgl. ebd., S. 279-280.
Es ist wichtig zu verstehen, dass es nicht darum geht, deine Nutzer+innen mittels Behavioral Patterns auszutricksen oder zu manipulieren. Es geht vielmehr darum, sie verantwortungsvoll und ehrlich in der Sicherheit zu bestärken, dass dein Produkt das Richtige für sie ist – ohne alternative Entscheidungen zu verhindern oder Nutzer+innen fehlzuleiten.[27] Der Grad ist hier tatsächlich sehr schmal und es muss in jedem Einzelfall entschieden werden, ob Behavioral Patterns im Sinne der Nutzer+innen und ethisch vertretbar eingesetzt werden.
[27] Ansonsten sprechen wir von der Manipulation durch sogenannte Dark Pattern Designs, die ich und wir bei u+i interact trotz scheinbarer Ersterfolge strikt ablehnen. Deine Kund+innen werden es dir danken!
„Überzeugungsarbeit muss ehrlich und ethisch korrekt sein, damit ihre Wirkung über eine kurze Begegnung hinaus anhält.“ – Anders Toxboe[28]
[28] Nach: Toxboe, Anders: Beyond usability: Designing with persuasive patterns, Stand: 25.02.2016, http://ui-patterns.com/blog/beyond-usability-designing-with-persuasive-patterns (Abgerufen am 06.07.2022).
Ich halte fest: Nutzer+innen treffen Kaufentscheidungen häufig intuitiv. Sie folgen dabei unbewusst einfachen Verhaltensmustern. Diese Behavioral Patterns kannst du in deinem Onlineshop verantwortungsvoll einsetzen. Sie können beim Kaufprozess eine bestimmende Rolle spielen, sollten aber immer im Sinne der Nutzer+innen angewandt werden, um nachhaltig wirksam zu sein und nicht einen gegenteiligen Effekt auszulösen.
#3 Glücklich machen
Wie du Zufriedenheit, Wohlbefinden und Begeisterung schaffst
Du weißt jetzt, wie Kaufprozesse ablaufen und wie Menschen Entscheidungen treffen. Wenn du es schaffst, deinen Nutzer+innen in der Messy Middle bestmöglich zur Seite zu stehen und dein Angebot überzeugend zu präsentieren, machst du sie auch glücklich. Eine einfache Gleichung.
Oder etwa nicht? Was heißt denn in diesem Zusammenhang eigentlich „glücklich“?
The search for happiness
Deine Nutzer+innen glücklich zu machen, bedeutet, dass diese sogar mehr als Zufriedenheit beim Einkaufen empfinden. Nutzer+innen erwarten, dass dein Shop gut funktioniert und ohne Schwierigkeiten bedienbar ist. Was wäre aber, wenn du es schaffst, ihnen ein angenehmes und bedeutungsvolles Erlebnis zu bieten? Du ihnen ein Gefühl von Wohlbefinden ermöglichst und vielleicht sogar ein wenig Begeisterung bei ihnen auslöst?
Diese Kriterien der User Experience sind natürlich höchst subjektiv und lassen sich nicht allein über ein gut zu bedienendes Shop-Design (User Interface) erreichen. Wenn du Nutzer+innen glücklich machen möchtest, beachte die gesamte Dimension ihres Nutzungserlebnisses. Überlege dir, wie deine Nutzer+innen denken und handeln – und wie du dann mit deinem Shop ihre Erwartungen und Bedürfnisse bestmöglich erfüllen bzw. sogar übertreffen kannst.
Was sind ihre übergreifenden Ziele, und welche Bedürfnisse haben sie in den verschiedenen Phasen der Shopping Journey, also der Summe der Berührungspunkte mit der Brand bis zum finalisierten Kauf? Mit welchen Herausforderungen sehen sie sich in der Messy Middle konfrontiert? Welche Fragen stellen sie sich während der Exploration? Und welche Merkmale sind ihnen bei der Bewertung besonders wichtig?
Um diese Fragen beantworten zu können, musst du deine Zielgruppe/n gut kennen. Ist es die Großmutter, die gerade nach einem Geschenk für ihre Enkelin sucht? Oder ist es die Mutter selbst, die den Shop schon kennt, und noch schnell aus ihrer Merkliste wählt? Je besser du deine Zielgruppe/n kennst, desto besser kannst du auf ihre Gewohnheiten, Bedürfnisse und Wünsche eingehen.
Und falls du dich nun fragst, ob all diese Aspekte auch für dein B2B-Geschäft gelten: Nutzer+innen treffen ihre Entscheidungen hier zwar meist weniger impulsiv, durchlaufen die Erkundungsphase strukturierter und die Evaluationsphase reflektierter und abwägender. Dennoch schätzen auch B2B-Kund+innen den Wert eines Erlebnisses höher, wenn sich die Vertriebsplattform optimal in ihren Alltag einfügt. Gerade im B2B gibt es zahlreiche Ansatzpunkte, um eine bedeutungsvolle und angenehme User Experience zu gestalten – etwa weil häufig mehrere Personen am Entscheidungsprozess beteiligt sind. Perfekt, wenn deine Vertriebsplattform so aufgebaut ist, dass jede+r schnell und einfach die für sich relevanten Inhalte, Dokumente und Produktvorteile findet – Stichwort Behavioral Patterns.
Focus on the user and all else will follow
Oft werde ich gefragt, ob nicht erstmal nur die Basics eines Shopystems wie Shopware oder Magento ausreichen, um einen neuen Onlineshop auf die Beine zu stellen? Natürlich bringen Shopsysteme bereits jede Menge Möglichkeiten mit. Ich möchte trotzdem dazu ermutigen, nicht nur im Rahmen dieser (technischen) Möglichkeiten zu denken, sondern immer von den Nutzer+innen auszugehen.
Statt dich also zu fragen: „Was kann ich meinen Nutzer+innen mit diesem Shopsystem bieten?“ frage dich eher: „Wie kann ich meinen Nutzer+innen in ihren Zielen und Aufgaben bestmöglich zur Seite stehen?“ Diese Denkweise hilft dir dabei, neue und unverbrauchte Potentiale in deiner Value Proposition aufzudecken. Das Shopsystem – sowie auch standardisierte, fertige Erweiterungen wie Themes und Plugins – sind vielmehr Hilfestellungen und Abkürzungen. Sie können dir (möglicherweise) viel Arbeit auf dem Weg zu einem optimalen Einkaufserlebnis abnehmen, liefern dir aber keine Antwort auf die Frage, wie das optimale Einkaufserlebnis für deine Nutzer+innen aussieht.
Fazit
Du hast bis hierher gelesen und fühlst dich inspiriert? Das war mein Anreiz, dieses Whitepaper zu verfassen! Aber wo kannst du direkt ansetzen und loslegen?
Wie kannst du deine Nutzer+innen also zufrieden und glücklich machst? Verfolge diesen ersten Ansatz: Versetze dich in sie hinein und höre ihnen genau zu. Indem du sie und ihre User Experience tagtäglich zur Grundlage deines Entscheidens und Handelns machst. UX Design hilft dir, die richtigen Dinge zu tun – und am Ende führt dich das näher an deine gesteckten Ziele wie einer starken Conversion Rate oder einem höheren Warenkorbwert. Ich meinte ja bereits, es gibt immer etwas zu tun!
Dabei lassen das Team und ich dich nicht allein. Unsere Expert+innen für UX-Design und UI-Design wissen, wie wir alle Stationen deiner Vorhaben begleiten können. Bei u+i interact verfügen wir über nachvollziehbare Methoden, das fachliche Know-how und Jahre der Erfahrung im E-Commerce. Außerdem haben wir ein eigenes Usability-Teststudio in Bielefeld, mit dem du direkt digitale Inhalte mit Proband+innen testen kannst. Schau doch mal vorbei und bis dahin!
Bastian Buxtrup
Was heißt eigentlich Expertise in UX? Wir bieten dir:
- UX Reviews deines Contents und deiner digitalen Lösungen
- Usability Tests (in unserem Teststudio oder remote)
- UX Consulting in langfristigen Projektverläufen
- UX Workshops und Innovation Workshops
- Konzeption, Design sowie Entwicklung deiner digitalen und nutzerzentrierten Vertriebsplattformen
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